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6 Nächte im Teide Nationalpark

Eigentlich hatte ich mir einmal geschworen, nie auf die Kanaren zu reisen. Die begeisterten Beschreibungen meiner Großeltern, die sich dort regelmäßig in der Sonne "all inclusive" haben braten lassen und deren Kruste, ähm Bräune, nach dem Urlaub einem Brathähnchen Konkurrenz machen konnten, haben mich abgeschreckt. Dachte ich an die Kanaren, dachte ich an seelenlose Hotelburgen und Massentourismus.

Aber die Inseln bieten mehr und eröffnen Möglichkeiten für einen ruhigere und individuellere Art zu reisen. Oder um es frei nach Adenauer zu sagen: "Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern."

Und so bin ich dieses Jahr schon zum zweiten Mal auf einer der Inseln. Im Mai mit Freunden auf Lanzarote in einem kleinen Fischerdorf, in dem wir gefühlt die einzigen Touristen waren. Jeden Morgen roch es nach Fisch, wenn die Fischer vom Meer zurück kamen, Hotelburgen ... glücklicherweise Fehlanzeige.

Und jetzt, Anfang Jul, habe ich mich rund um den Neumond für 6 Nächte in einem kleinen Bergdorf auf Teneriffa (Vilaflor) einquartiert und kann so die Nächte im Teide Nationalpark den Nachthimmel fotografieren.

Strand gesehen habe ich hier bislang nur aus dem Flugzeug beim Anflug. Das Bergdorf liegt mir mehr. Hier scheinen die Uhren etwas langsamer zu gehen. Zudem gibt es rund um den Ort Wälder und die Luft ist angenehmer als in der Ebene. Ein idealer Startpunkt für meine "Nachtschwärmer" Aktivitäten im Teide Nationalpark.

 

Vilaflor liegt schon auf etwa 1400m über dem Meeresspiegel, so dass der Weg in den Teide Nationalpark abends bzw. nachts zurück deutlich kürzer ist als von den Küstenstädten. Gut 25min braucht man aber dennoch, allerdings ist der Weg eine Wucht. Über Serpentinen und durch von Felsen durchsetzten Kiefernwald windet sich die kleine Bergstraße in die Höhe, bevor sich auf gut 2000m ein riesiger Talkessel öffnet, an dessen Nordrand der etwa 3700m hohe Teide majestätisch thront. Dieser Kessel sowie die Wolken, die häufig auf einer Höhe von etwa 700-1000m Höhe hängen sind Gründe dafür, dass das Licht der Küstenorte gut abgehalten wird und das Firmament klar über dem Horizont steht.

Besonders angetan haben es mir zwei Bereiche, die sogenannten Roques de Garcia, und die Minas de San José etwas weiter östlich.

Die Roques de Garcia sind eine etwa 1-2 Kilometer lange Kette von Felsnadeln, die durch den Vulkanismus geformt wurden und deren Gestein härter war als das darum liegende, das dann über die Zeit weg erodiert ist. Eine wirklich skurrile Felslandschaft, die auch irgendwo in Utah oder Arizona liegen könnte. Tags wie nachts merkt man aber schon, dass der Tourismus auf Teneriffa eine große Rolle spielt. Es werden Teleskope aufgebaut und Touristen werden busladungsweise herangekarrt. Ihnen werden mit Laserpointer dann die Sternbilder erläutert, Überall hat man Stirnlampen, vom Handyfotografen bis zu jenen mit professioneller Ausrüstung ist hier alles vertreten, außerdem gibt es auch nachts relativ viel Autoverkehr. I

Apropos Stirnlampe .... ich habe meine zuhause liegen lassen und bei dem Ersatz, den ich mir in Teneriffa gekauft habe, ist beim ersten Laden das Ladekabel durchgeschmort (ist schon klar, warum man jegliche Arten von 1 Euro Läden und co. eigentlich nicht für solche Ausrüstung heranziehen sollte, aber ich hatte keine Lust auf eine lange Suche nach einer Lampe). Es ging aber auch ohne, notfalls mit dem Handy ... meist ganz ohne. Zum einen weil die Wege ganz gut ausgebaut waren, zum anderen, weil das Terrain nicht so dunkel war, dass man nichts mehr hätte sehen können ohne Lampe. Anders formuliert bin ich doch immer wieder erstaunt, wir gut sich das menschliche Auge an die Dunkelheit adaptiert, wenn man ihm etwas Zeit dafür gibt und es nicht immer wieder durch Licht zum Beispiel einer Taschen- oder Stirnlampe stört. Dennoch, das nächste mal auf jeden Fall wieder mit einer richtigen Stirnlampe.

An den Roques de Garcia gibt es viele wunderbare Bereiche, die einen spannenden Vordergrund bieten für ein Bild mit der Milchstraße und so bin ich dort mehrere Abende vor der Dämmerung gewesen, um besonders schöne Ecken zu finden, was sich ja in der Dunkelheit mitunter eher schwierig gestaltet.

Im Bereich der Minas de San José ist das anders. Einzelne, wenige Meter hohe Felsen stehen auf einem Untergrund, der irgendetwas zwischen Sand und Kies zu sein scheint und offenbar aus der Zeit stammt, in der in dieser Region Bergbau betrieben wurde. 

An vielen Stellen ist der Blick auf den Himmel aber frei und unverstellt, was diesen Ort ideal für die Sternenbeobachtung macht. Man kann sich in der dünenartigen Landschaft etwas von der Straße entfernen und wird dann durch kein Scheinwerferlicht mehr geblendet und damit gestört.

Für die fünfte Nacht hatte ich eigentlich geplant, in den Minas de San José Startrails aufzunehmen, also Langzeitbelichtungen, die die Sterne zu Bahnen werden lassen.Leider waren an diesem Arbeit so viele Menschen dort, die teils sehr starke Stirnlampen hatten und auch nutzten, so dass eine gleichmäßige Belichtung über einen längeren Zeitraum faktisch zum Lotteriespiel geworden wäre. Zudem war es relativ windig, so dass ich den Startracker nur im Windschatten von Felsen gut nutzen konnte. Also habe ich kurzerhand meinen Plan verändert und bin zu dem sog. Zapatillo de la Reina (dem Schuh der Königin) gefahren, einem kleinen Felsbogen, der wie ein Schuh aussieht. Dort konnte ich Felsborgen und Milchstraße aufnehmen, bevor die Milchstraße gen Südwesten hinter der Felswand verschwand.

Es scheint zudem, als wollte der Wettergott Wiedergutmachung für den schottischen Dauerregen betreiben. Während an der Küste weit unterhalb von Vilaflor zwar immer mal wieder Wolken hingen, war weiter oben der Himmel immer klar und der Blick auf die Sterne damit unverstellt.