Im schottischen Sommer auf ein stabiles Hoch mit Sonnenschein wie an den iberischen Küsten zu hoffen, ist sicherlich etwas verwegen bis naiv. Auf ein paar passable Tage mit Wechsel von Sonne und Wolken zu hoffen inklusive Tageshöchsttemperaturen zwischen 14-20 Grad, eher nicht. Aber beides war uns in der ersten Woche nicht vergönnt.
Viel Grau in Grau und kaum einen Hauch von Sonnenstrahlen bei Temperaturen, von denen auch eingefleischte Schotten sagten, dass sie viel zu kalt für die Jahreszeiten seien, war das, was uns dort erwartet hat. Immerhin mit den allgegenwärtigen kleinen Mücken, für die Schottland im Sommer bekannt bis berüchtigt ist, durften wir kennenlernen. Neuschnee auf dem Ben Nevis bei Fort Williams, viel Wind und Regen bei insgesamt deutlich zu kühlen Temperaturen, so könnte man die erste Woche in Schottland treffend zusammenfassen.
Aber das würde diesem Land im Norden der britischen Hauptinsel in keiner Weise gerecht werden. Die beeindruckende und karge Berglandschaft in den Highlands, die Seen und Fjorde, mehrheitlich Loch genannt, die wunderbare Inselwelt wie auf der Isle of Skye, die kleinen Siedlungen mit ihrem rauen Charme, die Menhire, die darauf verweisen, dass das heutige Schottland schon in vorchristlicher Zeit besiedelt war, all das ist Teil Schottlands und seines rauen Charmes.
Aber der Reihe nach. Anfang Juni habe ich Björn, der mich schon einen Teil des Sabbatjahres auf Korsika begleitet hat, in Hamm, Westfalen am Bahnhof abgeholt. Von dort sind wir mit dem Wagen nach Amsterdam und der Fähre nach Newcastle gefahren. Ab dort dann Linksverkehr mit einem Wagen für Rechtsverkehr, verglichen zu Länder wie Neuseeland mit Mietwagen eine deutliche Umstellung. Während der gut 16 stündigen Fährüberfahrt mit einem zumindest für mich viel zu ausladenden Abendessen und einem schweren Magen in der Nacht haben wir uns als erstes Etappenziel eine kleine Schlucht namens Devils Pulpit etwas nördlich von Glasgow ausgesucht. Etwas abgelegen und wunderbar unerwartet, aber leider auch etwas zu sehr mit Müll versehen, der an vielen Ecken der engen Schlucht lag. Aber die Kulisse, ein enges Tälchen mit Wänden aus Sandstein, rundherum Eichen, Buchen, Farn und mittendrin ein Wildbach, waren schon beeindruckend.
Nach der ersten Regennacht im Zelt ging es von dort aus weiter in Richtung Norden vorbei an ungezählten Lochs und Wasserfällen in die Highlands bis kurz vor Glen Coe. Wir schlugen unser Camp direkt am Loch Etive am Ende einer etwa 30km langen einspurigen Straße mit zahlreichen Ausweichbuchten auf. Nach einer zweiten Regennacht sind wir dann das Tal wieder hochgefahren und haben im Tal (Glen Etive) einige Fotostops eingelegt, bevor es die wenigen Kilometer hinab ans Meer bis Glen Coe ging.
Von Glen Coe ging es über einen Abstecher zu einem schönen Wasserfall mit ein paar Klettereinlagen (Bilder folgen) und Fort Williams mit einem kurzen Bummel durch den Ort und einen Kaffee in einer zu einer Boulderhalle umfunktionierten Kirche (was aber dem Spirit des Kaffees nicht zuträglich war) nach Glenfinnan und dem alten Viadukt, über das der Jacobite Train, besser bekannt als Harry Potter Zug donnert. Leider aktuell nur vormittags (vermutlich aufgrund von Perosnalengpässen), was aber auf der Webseite als Information so gut versteckt war, dass wir wie viele andere Nachmittags umsonst auf den Zug warteten. Also unverrichteter Dinge zurück nach Fort Williams, dort noch ein altes Schiffswrack fotografiert und dann weiter zur Unterkunft nach Invergarry.
Von dort ging es am kommenden Morgen Richtung Isle of Skye und damit in der Tat zu einem der Touristen Hotspots in ganze Schottland. Noch nicht ganz in der Hochsaison hätte ich den Andrang dort nicht so erwartet. Auf einem Campingplatz nahe des Quiraing Gebirgszugs haben wir uns für zwei Nächte einquartiert und vor dort aus die Halbinsel erkundet, mit dem wunderbaren Quiraing und dem Old man of the Sturr, leider beides bei nicht ganz optimalem Wetter, weil der Himmel in einem grauen Einerlei versank. Nur an einem Abend gaben die Wolken der Sonne etwas Raum, so dass dort die Landschaft in ein etwas kontrastreicheres und warmes Licht getaucht wurde. Nach einem Besuch an der Steilküste mit dem Nest Point ganz im Westen von Skye haben wir noch den sogenannten Fairy Pools einen Besuch erstattet. Feen, geschweige denn badende, haben wir leider nicht gesehen. Dafür eine beeindruckende Kaskade von Wasserfällen vor einer beeindruckenden Gebirgskulisse, die der Regen und Nebel aber nur hat erahnen lassen. Dafür konnten wir aus einiger Entfernung einen Seeadler über das Tal gleiten sehen.
Der Regen und die fehlenden Hauche von Sonnenlicht, die der Landschaft etwas mehr Tiefe und Mystik geben würden, zehren etwas an den Nerven. Aber zumindest das neue Hilleberg Nammatj, das mein zehn Jahre altes Anjan ersetzt, dass nach vielen Einsätzen und Sonnenlicht und damit auch UV Belastung etwas schwächelte, hat sich gut bewährt
Schottland bislang - faszinierend und gleichsam herausfordernd. So könnte mein vorläufiges Fazit nach einer Woche lauten. Und damit auch ein Land, dass mich mehr als andere dazu geführt hat, Bilder in SW zu denken.