Der Titel mag vielleicht überraschend klingen. Aber für den spontanen Trip nach Madeira habe ich mir einiges vorgenommen. Den Feenwald Fanal, die Küsten ganz im Westen mit ihren tollen Felsformationen, die bei Sonnenuntergang wunderbar ins Licht getaucht werden. Einige Levadas, insbesondere die Nevada mit den 25 Fontes. Und natürlich auch Ziele eher im Zentrum oder im Osten der Insel wie der z.B. Pico Ruivo oder die Levada dos Balcoes.
Da die Mehrzahl meiner Ziele aber im Nordwesten der Insel lagen, erschien es mir sinnvoll, mich etwas oberhalb von Sao Vicente an der Nordküste einzuquartieren um so möglichst kurze Wege zu einer Vielzahl von Zielen zu haben.
Gesagt getan. So bin ich am 12.10. von Frankfurt über Wien (mit kurzer Umsteigezeit quasi von einem Flugzeug direkt in das nächste, was ob der kurzen Wege am Flughafen Wien problemlos geklappt hat) nach Funchal geflogen, habe den Mietwagen übernommen und bin über die Schnellstraße mit ihren unzähligen Tunneln an Funchal vorbei Richtung Ribeira Brava und weiter nach Sao Vicente gefahren.
Auf dem Weg dorthin habe ich über den Bergen im Westen eine riesige Wolke gesehen, die mich an die beim Ausbruch des Fagradalsfjells Vulkans vor einigen Monaten in Island erinnert hat.
Hier auf Madeira hatte die Wolke einen leicht orange-bräunlichen Ton. Das konnte unmöglich eine Regen- bzw. Gewitterwolke sein. In der Unterkunft angekommen habe ich von einem Feuer ganz im Westen erfahren und mich erkundigt, ob der Weg in den Fanal Wald frei ist. Meine Vermieterin hat das bejaht und gesagt, dass das Feuer bei Calheta im Südwesten wäre. Was sie noch nicht wusste ist, dass der Südwind den Brand nach Norden vorangebracht hatte.
Als ich in Ribeira de Janela ankam, konnte ich an den Berghängen oberhalb Porto Moniz überall Qualm aufsteigen sehen. Aber die Talseite, auf der ich zum Fanal fahren wollte, war frei und der Wald ja nochmal weiter östlich. Und so beschloss ich zu fahren und dachte, ich könnte ja dann über Paul da Serra in östlicher Richtung (und damit weit weg von den Bränden) zurück nach Sao Vicente fahren. Dies erwies sich als Trugschluss, weil die Straße der Paul da Serra gesperrt war, was das Navi meines Mietwagens mir aber erst zwei Tage später anzeigte.
Ich war nicht der einzige. Der Parkplatz am Fanal Wald war gut gefüllt. Mehr als im Sommer letzten Jahres war da los. Nebel, der diesen Wald in so eine mystische Stimmung taucht, war keiner. Dafür im Westen aber die dunklen Wolken und ein deutlicher Brandgeruch in der Luft. Am Horizont auf der gegenüberliegenden Bergflanke konnte man die Flammen lodern sehen. Eine gespenstische Atmosphäre, die ich so bislang nur in Nepal erlebt habe, wo bei einer Fahrt im Bus von Kathmandu nach Pokhara Bergflanken oberhalb der Straße in Flammen standen. Ich drehte eine schnelle Runde durch den Wald und wollte schnell wieder zurück nach Sao Vicente. Wie gesagt, über die Straße nach Osten. Nach etwa 10km stand ich dann vor einer Straßensperrung und musste umkehren und den Weg am Fanal vorbei nach Ribeira de Janela nehmen. Später erfuhr ich, dass auch diese Straße in der Nacht gesperrt wurde. Der starke Wind hatte die Flammen rasend schnell vor sich hergetrieben und dann auch den Norden um Porto Moniz erreicht. Ich war jedenfalls froh, wieder unten an der Küstenstraße angekommen zu sein. Der Himmel war so unwirklich, dass ich mir ein Foto am Strand in Richtung Porto Moniz nicht verkneifen konnte. Was ich mir aber verkniffen habe, sind Fotos der Flammen an den Berghängen oberhalb von Ribeira de Janela. Zumal überall auf der Straße besorgte Anwohner standen, die mit Angst in den Gesichtern auf die näher rückenden Flammen schauten. Dort Fotos des Infernos zu schießen erschien mir völlig falsch und unangemessen. Aber die Bilder, die ich gesehen habe, haben sich dennoch tief in mein Gedächtnis eingegraben. Eine Insel mitten im viel zu warmen Atlantik, die kaum Regen abbekommen hat in den Wochen zuvor und die Mitte Oktober Temperaturen von um die 30 Grad hat (damit fast 10 Grad mehr als letzten Sommer), sind für mich ein klares Indiz für den Klimawandel, der nicht erst kommt, sondern der absolut real und erfahrbar ist.
Was also tun? Viele Ort, die ich während der Woche eigentlich besuchen wollte, waren nicht zugänglich. Also erstmal überlegen, wo ansonsten der Fokus liegen könnte. Als erstes Ziel habe ich mir den Pico Ruivo mit seinen toten Bäumen (ebenfalls durch einen Waldbrand vor einigen Jahren) rausgesucht und bin dort am zweiten Abend hingefahren, nachdem ich eine Levada Wanderung ganz in der Nähe (Caldeira Verde) gemacht habe. Auch am nächsten Morgen bin ich zum Sonnenaufgang an den Pico Ruivo, den höchsten Berg Madeiras, zurückgekehrt. Leider kam die Sonne nur einen ganz kurzen Moment durch die dichte Wolkendecke. Aber dieser kurze Moment war erhebend und ein Feuerwerk, wie es nur die Natur zu zaubern vermag. Das "Feuerwerk" im Westen der Insel hingegen war menschlicher Natur (Brandstiftung) und hat Leid und Zerstörung produziert.
Das Gebiet um den Pico Ruivo ist schroff und alpin mit Gipfeln um die 1800m und dabei ist der Atlantik nur wenige Kilometer entfernt. Gerade das macht den Reize dieser Insel aus. So unterschiedliche Landschaftsformen auf engstem Raum und dabei ein wirklich ausgeprägtes Relief.
Nach dem Morgen am Pico Ruivo folgte noch eine Levada Wanderung oberhalb von Sao Vicente, die ich vom letzten Jahr schon kannte. Allerdings bin ich sie diesmal komplett gelaufen und habe damit auch den letzten Tunnel mitgenommen, für den man etwa 20 Minuten benötigt. Auf dem Hinweg hatte ich ein Schweizer Pärchen direkt vor mit, was insofern gut war, dass der Mann deutlich größer als ich war, was in dem niedrigen Tunnel ein gutes Frühwarnsystem war. Die Vegetation dort in den Wäldern mit dem üppigen Grün, vielen Farnen, dem Plätschern des Wassers in den Levadas und von den Hängen lässt einen die Zeit vergessen. Abgesehen von der Zeit in dem langen Tunnel, wo ich die Minuten gezählt habe, bis ich da jeweils wieder raus war.
Am dritten vollen Tag ging es dann zu einer weiteren Levada Wanderung (Levada dos Balcoes) und einer Runde an der Ponte de Sao Lourenco, einer kargen Landzunge ganz im Osten, bei der der vulkanische Ursprung der Insel besonders gut erkennbar ist. Am späten Nachmittag habe ich dann die Brandung an der Küste von Sao Vicente genossen.