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Vom Dettifoss nach Borgarfjördur eystri - Achtung Flugverkehr

Vom Myvatn und nach dem Pausetag bin ich über Husavik und die Halbinsel Tjörnes Richtung Asbyrgi und damit dem Nationalpark Jökulsarglufur gefahren. Husavik ist ein kleines Dörfchen, die Isländer würden protestieren und es Stadt nennen, unweit des Polarkreises, das vom Fischfang und von Touristen und den angebotenen Whale Watching Touren lebt. Der Bereich um den kleinen Hafen war von der Werbung für diese Touren geprägt. Da das Wetter bescheiden und die See raus war (ich traue Seegang und meinem Magen nicht als klassische Landratte) bin ich weitergefahren mit dem Plan, auf der Halbinsel Tjörnes nahe eines Papageientaucherfelsens zu nächtigen. Das habe ich aus zwei Gründen nicht gemacht. Ersten war der Zugang zu besagtem Vogelfelsen an der Spitze der Halbinsel aktuell gesperrt, weil dort gerade auch Eiderenten brüteten und  zweitens lag der Zeltplatz zwar idyllisch aber völlig ungeschützt am Meer und der Wind pfiff von Norden kommend steif und sehr frisch. 

Meinem leicht feuchten und damit schlechter isolierenden Dauenschlafsack und mir wollte ich das nicht zumuten. So bin ich weitergefahren Richtung Asbyrgi und habe an der Ostseite der Halbinsel Tjörnes noch ein paar Stopps eingelegt.

Bei einem Parkplatz, etwa 20km vor Asbyrgi, mit schöner Aussicht hatte ich Glück und konnte nach etwa 10 Minuten Fußmarsch an der Küste Richtung Nordwesten mehrere Papageientaucher erspähen, die günstig saßen und die ich daher formatfüllend fotografieren konnte.

In Asbyrgi mache ich zunächst einen kurzen Zwischenstopp an der Tankstelle, neben dem Nationalparkgebäuden fast das einzige Gebäude, das zudem seine besten Tage schon gesehen hat. Man wähnt sich architektonisch irgendwo im Mittleren Westen an einem einsamen Highway. Das Nahrungsangebot ist dazu passend. Ich esse Pommes und trinke Kaffee - warum eine solche Kombination kann ich nicht sagen. Irgendwie ist mir genau danach.

Auf der Ostseite des Gletscherflusses Jökulsa a Fjöllum mit seiner schlechteren Straße, die durchweg über Schotter geht, aber schönere Aussichten bietet, fahre ich in den Nationalpark mit dem unaussprechbaren Namen. Islands größte Schlucht liegt in ihm und der mächtigste Wasserfall des Landes, der Dettifoss. Genau genommen beginnt die Schlucht mit einer Sinfonie von Wasserfällen. Zunächst dem Selfoss (oben das SW Foto), dann der mächtige Dettifoss mit seinen tosenden Wassermassen und schließlich der Hafragilsfoss, der schon tiefer in der Schlucht liegt. Auch diese Landschaft könnte irgendwo im amerikanischen Westen liegen. Oberhalb der Schlucht am Hafragilsfoss und dem Dettifoss gibt es Parkplätze, von dort wandere ich und genieße die Blicke auf die grandiosen Wasserfälle und die sie umgebende Natur. Dann fahre ich zurück und schlage mein Zelt in der Asbyrgi Schlucht auf.

Nach einer feuchten aber zumindest Wind geschützten Nacht in Asbyrgi erwartet mich ein Regentag. Über die Straße im Westen des Nationalparks fahre ich die Wasserfälle noch einmal an und mache auch weitere kleine Wanderungen. Ohne dabei viel zu sehen, es ist neblig und die ganze Landschaft ist wie in einen dichten Schleier gehüllt. Zumindest habe ich aber mehr Glück als ein Bekannter, der zwei Wochen zuvor am Dettifoss war. Er hat erzählt, dass er den Wasserfall zwar gehört hat, als er an seinem Rand stand, ihn aber nicht sehen konnte. Nass wird man dort aber allemal. Der Regenschleier des Dettifoss geht in der Regel fast gänzlich an der Westseite nieder, so dass wetterfeste Kleidung auf dieser Seite egal bei welchem Wetter Pflicht ist.

So langsam schloss sich für mich der Kreis, als ich am Dettifoss aufbrach. Zwar blieb noch Zeit bis zur Abfahrt der Fähre in Seydisfjördur. Da Marcus und ich einige Wochen zuvor in Ostisland kein Wetterglück hatten, hatte ich mir aber vorgenommen, dort ein paar Orte noch einmal anzufahren und wollte zudem noch die Papageientaucher in Borgarfjördur eystri besuchen. Also habe ich nahe des Studlagil Canyons mein Zelt aufgeschlagen und die Schlucht genau 4 Wochen nach dem ersten Besuch mit Marcus noch mal aufgesucht. Allerdings deutlich früher. Um kurz nach 5 Uhr das Zelt abgeschlagen (das völlig nass war, was sich abends rächen sollte) und gegen halb 7 am Studlagil, wo ich "fast" alleine war. Fast, denn eine vermeintliche Instagramerin war dort über 2 Stunden damit befasst, Selfies von sich und Drohenflüge über sich zu machen.  Ich pendelte irgendwo zwischen Schmunzeln und Unverständnis. Vielerorts verkommt in Island wunderbare Natur zur Kulisse für die eigene Selbstinszenierung. Hier am Studlagil wie auch am neuen Vulkan am Fagradalsfjall oder an Wasserfällen. Wenn Orte populär sind, fallen die Scharen ein, auf der Strecke bleibt die Natur selbst.

Nichtsdestotrotz hat dieser Ort eine eigene Magie; der gleichmäßige Säulenbasalt, die freistehende Felswand in der Mitte, das tief blau-grüne Wasser. Ursprünglich waren die Felsen nicht sichtbar, sondern lagen unter Wasser, das sie völlig glatt geschliffen hat. Mit dem Bau eines großen Staudammes am Oberlauf der Jökulsa a bru ist der Wasserstand so deutlich gesunken, dass diese wunderbare Szenerie freigelegt wurde. Zudem hält der Damm die Sedimente, die Gletscherwasser normalerweise mit sich führt, zurück, so dass diese wunderbare Farbe des Wassers sichtbar wird.

Einige Stunden habe ich am Studlagil verbracht, dann ging es über Egilstadir weiter nach Borgarfjördur eystri, einen Ort, den ich auf meinen Touren nach Island noch nie bereist bin. Leider will das Wetter immer noch nicht mitspielen. Tief hängende Wolken verstellen den Blick auf die Berge, es ist grau und nieselt. Der Ort gleicht einem einzigen Campingplatz. Fast vor jedem Haus stehen Zelte, der Campingplatz ist gnadenlos überfüllt, obwohl er schon richtig groß ist. Abends stehen die Menschen vor den Lokalen Schlange. Es ist Freitag, da schwirren auch die Isländer mit ihren Campern für das Wochenende aus, aber so etwas habe ich in Island noch nie erlebt. Vielleicht ein lokales Festival ... ich habe es nicht herausbekommen.

Mein eigentliches Ziel liegt einige Kilometer hinter dem Ort an einer kleinen Marina. Ein paar Felsen, maximal 20 Meter hoch, bilden eine kleine Landzunge im Meer, und die ist von Papageientauchern regelrecht für sich erobert worden. Schon von der kleinen Marina aus kann man die Nisthöhlen gut erkennen und sieht, dass die ganze kleine Landzunge von Papageientauchern gespickt ist, die dort dicht an dicht hocken. Ein reges Treiben dort. Vögel kommen vom Meer, andere posieren zwischen den Nisthöhlen oder sitzen fotogen auf den Klippen. Zwei Streithähne liefern sich mehrfach einen Kampf und stürzen dabei von den Klippen. Ein abwechslungsreiches und spannendes Schauspiel. Also Teleobjektiv drauf (ich fotografiere an diesem Tag zumeist mit dem 4/300mm und dem 2,8/70-200mm - den Telekonverter für das 4/300mm spare ich mir wegen des schwierigen Lichts). Der Bereich ist mit Treppen und Beobachtungspunkten versehen, so dass eine Beobachtung für Mensch und Tier gefahrlos möglich ist. Ich genieße und fotografiere über Stunden. Zwischendurch mache ich kurze Stopps im Café an der Marina und im Wagen zur Verpflegung. Immer mal wieder etwas aufwärmen. Eigentlich setze ich auf etwas Licht gegen Abend. Das war gemeldet, aber es kam nicht. Was kam, war ein weiteres Regenband. Mit reichlich feuchter Ausrüstung und dem ein oder anderen schönen Bild bin ich zurück zum Wagen und dann nach Egilstadir, weil in Borgarfjördur eystri ja gefühlt jeder Quadratmeter mit einem Zelt oder einem Camper belegt war und der Ort irgendwie in Partylaune war. Mit war es nach Stunden am Papageientaucherfelsen kalt und ich war nass, so dass Party für mich an diesem Abend keine Option war.

 

PS: Wer Papageientaucher ohne Kraxelei und damit relativ unkompliziert aus der Nähe sehen möchte, für den ist Borgarfjördur eystri eine gute Wahl. Etwas mehr Abenteuergefühl stellt sich indes an den Vogelfelsen auf Heimaey oder am Latrabjarg ein. Dort ist allerdings auch ein Mindestmaß an Trittsicherheit erforderlich.