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Das Hochland und der Norden

Reisen ist schön, aber auch anstrengend. Körper und Geist werden täglich auf's Neue herausgefordert. Man verlässt bekanntes Terrain, begegnet Neuem, fordert sich und muss die Eindrücke irgendwie auch verarbeiten.

So geht es mir heute, als ich am Myvatn in Island sitze und mich entschieden habe, morgen eine Pausetag einzulegen. Den ersten richtigen Pausetag nach fast 4 Wochen auf Achse. Ich merke, dass sowohl mein Körper und mehr noch mein Kopf ihn brauchen.

Aber zum eigentlichen Thema der Überschrift. Vor knapp einer Woche bin ich erneut am Flughafen in Keflavik gewesen und habe für 6 Tage Besuch bekommen. Gemeinsam haben wir zunächst den neuen Vulkan besucht. Diesmal war das Wetter besser als bei meinem ersten Besuch. Man konnte die neuen Lavafelder sehen, die in der Woche zuvor im Smog der Moosbrände versanken. Dem Vulkan konnte man sich nach den Erfahrungen der ersten Tage, in denen sich Menschen auf die neue Lava und sogar den Krater begeben haben, nicht mehr so weit nähern. Etwa 2 Kilometer Sicherheitsabstand waren Pflicht. Die ganze Luft um den Vulkan war am Flimmern, so dass scharfe Aufnahmen der Lava faktisch unmöglich waren.

Tags drauf ging es dann von Selfoss aus auf die erste Etappe der Hochlandüberquerung auf der Kjölur Piste. Vorbei am Geysir und Gullfoss in Richtung Kerlingarfjöll und Hveravellir.

Einige Kilometer hinter dem Gullfoss endete der Teer, die Piste war aber zunächst ganz gut zu fahren. Etwa ab Hvitarnes und der Überquerung der Hvita wurden die Querrillen und Schlaglöcher dann größer und unangenehmer. Phasenweise konnte man ganz gut fahren, dann wieder kam ein Schlagloch, so dass es Konzentration erforderte, eine möglichst ideale Linie auf der Piste zu finden. Ich hatte den Eindruck, dass einige Fahrer von Mietwagen mutiger über Stock und Stein sprinteten als ich mit meinem Dusterchen. Vielleicht, weil ich den eigenen Wagen fahre, während die Mietwagenfahren ihren Untersatz dann am Ende des Urlaubs wieder abgeben.

Die Landschaft wurde mit jedem Kilometer karger, eine Wüste aus Steinen und schwarzem Schutt und Sand, in die sich ab und an mal ein kleiner Bodendecker verirrt. Ich fühle mich zurückversetzt nach 1998, als ich diese Strecke auf dem Rad zurückgelegt habe. Damals war das Wetter aber schlechter als dieses mal.

Wir entschlossen uns, den Abstecher nach Kerlingarfjöll zu machen und dort ein bisschen zu fotografieren und die heiße Quelle zu besuchen. Etwa 10 Kilometer nach dem Abzweig von der Hauptpiste und durch Lavawüste mit einem kleinen Flugplatz (wer braucht den hier) haben wir Kerlingarfjöll erreicht, wo gerade eine große Hotelanlage angelegt wird, die in der kargen Landschaft fast etwas deplatziert wirkt. Nach einem Kilometer Fußweg durch spannende und farbenfrohe (aufgrund der Farbe von Fluss und Steinen, nicht der Pflanzen) Natur haben wir den Hot Pot erreicht und bei bester Badewannentemperatur entspannt.

Es zog sich dann leider zu, so dass wir weiter gefahren (besser geschlichen) sind nach Hveravellir, einem Gebiet mit heißen Quellen etwa in der Mitte der Kjölur Piste. Dort erwarteten uns ein Solfatarenfeld und zahlreiche heiße Quellen, die an das Geysir Gebiet erinnern, aber noch viel mehr von ihrer Ursprünglichkeit bewahrt haben. Rundherum gibt es nur Gletscher, Lavafelder und Berge - eine Oase also in "the middle of nowhere". Eine Oase, die offenbar auch die Schafe zu schätzen wissen, die sich am Grün rund um die Quellen laben.

Glück hatten wir dort mit dem Licht. Abends schon schön und morgens zum Sonnenaufgang noch deutlich schöner. Wenn wir nicht fotografiert haben, haben wir in der heißen Quelle gelegen. Und die war wirklich "hot". Eine ältere Berliner Dame hatte nämlich den Kaltwasserzulauf weggedreht, so dass mehrheitlich sehr heißes Wasser in den Hot Pot lief. Irgendwann gestand sie das reuig, und bis dahin haben wir alle ordentlich geschwitzt bzw. wurden durchgegart. Sozusagen ein Dampfbad im feuchten Nass.

Die Farben um die heißen Quellen sind magisch und irgendwie "wie von einem anderen Planeten" - wenn wir denn wüssten, wie es auf anderen Planeten aussieht. Irgendwie muss ich bei dem zweiten Bild, das unten folgt, an den "Champagne Pool" in Neuseeland denken, der sich ähnlich farbenfroh präsentiert. 

Wir genießen das Abendlicht, setzten uns dann wieder in den Pool. Morgens das gleiche Spiel, das wunderbare Morgenlicht ab halb 5 zum fotografieren genutzt, dann wieder zum Aufheizen in den Pool, um danach noch mal für ein paar Stunden in den Schlafsack zu kriechen und auf das Frühstück zu warten um nach dem Frühstück und vor der Weiterfahrt nochmals in den Hot Pot zu springen.

 Über weitere heiße Quellen, beispielsweise den Grettislaug im Norden Islands bei Stykkisholmur und dann über Akureyi sind wir in das wunderbare Myvatn Gebiet gefahren, wo wir zwei Tage verbracht haben. Krater, Vulkanspalten, Schlammtöpfe und mittendrin ein See mit vielen Vögeln und noch mehr Mücken. So könnte man den Myvatn beschreiben und würde ihm doch nicht gerecht werden. Nicht ohne Grund habe ich mir genau dieses Gebiet für meinen Ruhetag ausgesucht, bevor dann der Nordosten erkundet wird. Vorher habe ich mir aber noch den Aldeyrafoss angeschaut, der über Formationen von Säulenbasalt in eine Art Kessel fällt. Der Ritt dorthin vom Godafoss aus, etwa 40km weiter nördlich, war eine ordentliche Schlammschlacht. Es hatte die letzten Tage immer mal wieder geregnet, und so war die Piste von Pfützen gepflastert und etwas schlammig. Aber der Weg hat gelohnt. Am nördlichen Ende der Sprengisandur Piste liegt dieser wunderbare Wasserfall mit seinem blauen Gletscherwasser, das spannende Muster in den Pool zaubert, in den es sich ergießt. Da nimmt man gerne in Kauf, den Wagen danach lange abspritzen zu müssen, ohne dabei allen Dreck wirklich entfernen zu können. Was im Übrigen an den meisten größeren Tankstellen in Island kostenlos möglich ist.