Objektive mit 50mm Brennweite und einer Lichstärke von 1.8 haben nicht den Ruf, besonders sexy zu sein oder aber in Sachen optischer Leistung ganz an vorderster Front zu spielen. Zu Analogzeiten gehörte ein 1.8/50mm häufig zur Erstausstattung einer Spiegelrelfexkamera, heute kommt diese Aufgabe meist den sogenannten Kit-Zooms zu. Der Gebrauchtmarkt ist voll von ganz unterschiedlichen 50mm Objektiven. Im Fall von Nikon sind das die hauseigenen AI/AIS 50mm mit Lichtstärke 1.2/1.4/1.8 und 2.0, wobei es die 1.8er Version auch in einer flacheren Pancake Variante gibt. Dazu kommt noch ein sogenanntes Serie E Objektiv mit der Lichtstärke 1.8. Dieses ähnelt in der Bauart der AIS Pancake Variante verfügt aber über eine weniger aufwändige Vergütung der Linsen.
Im AF Zeitalter gab es bei Nikon 50mm Linsen mit Lichtstärke 1.4 und 1.8, zunächst die Versionen mit Stangen AF, die später mit einem moderenen Chip ausgestattet wurden, der die Entfernung an die Kamera melden konnte und die dann als AF-D Optiken bezeichnet wurden. Optisch entsprachen diese Versionen weitgehend den AIS Varianten.
Eine optische Überarbeitung erfuhren die 50er Optiken mit der Umstellung auf den Ultraschall AF (AF-S). Auch mechanisch vielen die grundsätzlich anders aus. Im AF-S 1.4 und 1.8/50mm wurde mehr Kunststoff verbaut, so dass beide trotz größeren Maßen als ihre Vorgänger leichtern waren.
Das neueste 50er hat Nikon letztes Jahr vorgestellt und zwar ein Objektiv mit dem größeren Z-Bajonett für die neuen spiegellosen Kameras aus dem Hause Nikon. Objektive mit den Rahmendaten 1.8/50mm sind, wie gesagt, nicht sexy und haben eher den Ruf, "Hausmannskost" zu sein. Nikon selbst hat sein neues Z 50mm aber bezogen auf die optische Leistung eher in Regionen positioniert, die denen eines Sigma 1.4/50mm Art entsprechen und damit einem der besten 50er mit Autofokus. Auch preislich liegt das neue Objektiv mit ewa 600 Euro deutlich über dem seines Vorgängers. All das und die Tatsache, dass Nikon derzeit eine Rabattaktion für viele Objektive anbietet, hat mich neugierig gemacht und schließlich zuschlagen lassen.
Mich trieb die Neugier auch deshalb, da ich bei mir zuhause mehrere 50mm Objektive habe und das eine der Brennweiten ist, die ich häufig nutze. Zudem wollte ich ein Objektiv für die Nikon Z6 haben, das nicht extra über den FTZ Adapter adaptiert werden musste, um so die Möglichkeiten der nativen Z Objektive kennenzulernen. So habe ich mit das Z 50mm vor einigen Wochen gekauft und probiere es seitdem bei ganz unterschiedlichen Gelegenheiten aus.
Besonders spannend war für mich der Vergleich mit den 50er Optiken, die ich besitze bzw. gut kenne.
Das sind vor allen Dingen das
AIS 1.8/50mm Pancake (nicht die Serie E Version)
AF-S 1.8/50mm G
Sigma Art 1.4/50mm
Die Aufnahme der alten Buchen oben ist mit zwei unterschiedlichen 50er Optiken entstanden, jeweils bei Blende 1.8 und identischen Werten. Die Bearbeitung in Camera RAW erfolgte mit den gleichen Parametern. Das linke Bild wurde mit dem AIS Objektiv, das rechte mit dem Z Objektiv aufgenommen. Dabei sind folgende Dinge besonders aufgefallen: das AIS Objektiv liefert etwas kühlere Farben (was in der Nachbearbeitung aber problemlos angepasst werden kann), der Kontrast ist insgesamt deutlich weniger und das Bild wirkt flauer, meines Erachtens ist das AIS Objektiv deutlich Streulicht anfälliger als die AF-S und erst recht die Z Version. Während die Sonne beim Z Objektiv direkt an der Kante des Baums im Vordergrund ist, hätte das beim AIS Objektiv deutliche Schleier mit sich gebracht, so dass sie ganz leicht hinter einem Ast versteckt wurde. Die Schärfe ist deutlich geringer als bei dem neueren Objektiv. Farblängsfehler, inbesondere am Rand und an Kontrastkanten, sind deutlich stärker ausgeprägt als beim Z Objektiv.
Das AF-S 1.8/50mm liegt zwischen beiden Objektiven. In Sachen Kontrast näher am neuen Z Objektiv ist es bei der Schärfe etwa auf dem Niveau der alten AIS Festbrennweite. Die Farblängsfehler sind beim AF-S Objektiv bei Offenblende etwas ausgeprägter als bei der AIS Variante. Der Autofokus ist am FTZ Adapter deutlicher vernehmbar als der faktisch geräuschlose AF Motor des neuen Z Objektivs. Für Fotografen sollte das kein Argument sein, das wichtig ist. Für Videofilmer und Blogger allerdings schon, da sich die AF Geräusche des AF-S 50mm als leichtes Klacken beim Ton der Videos bemerkbar machen.
In Sachen Bokeh ergibt sich ein interessantes Bild. Das alte AIS 50er hat ein, sagen wir mal, "lebhaftes und etwas unruhiges" Bokeh. Bokehringe haben einen helleren Rand. Das mag für manches Motiv ganz interessant sein, bei Porträts würde mich das aber zu sehr von der zu porträtierenden Person ablenken. Auf den ersten Blick ist das Bokeh bei den beiden neueren 50ern durchaus vergleichbar, wobei ich das AF-S 1.8/50mm insgesamt etwas gefälliger finde, was vielleicht daran liegt, dass das neue Z 1.8/50mm etwas mit einer leichten zwiebelringartigen Struktur in Bokehkreisen zu kämpfen hat. Dies ist eine Beobachtung, die man bei sehr scharfen Objektiven, die in ihren Rechnungen Asphären einsetzen, immer wieder macht. Zwar kann man das in der Nachbearbeitung etwas abmildern, der Vollständigkeit halber sollte es aber dennoch erwähnt werden.
Was in Sachen Schärfe und Hintergrund hingegen beim neuen Objektiv wirklich überzeugt, ist der sanfte Übergang von scharf-unscharf.
Mein Fazit nach ein paar Wochen: Das Nikon Z 1.8/50mm ist ein tolles Objektiv, dessen Schärfeleistung und gleichmäßige Korrektur der optischen Fehler wirklich zu überzeugen vermag. In Sachen Bokeh gibt es zwar schönere Objektive, etwa das deutlich schwerere und auch teurere Sigma Art 1.4/50mm. Allerdings ist das Nikon Z 1.8/50mm ein insofern toller Kompromiss, als das es klasse Schärfe, gute Verarbeitung, leisen und schnellen AF, tolles Gegenlichtverhalten und relativ geringes Gewicht in einem Objektiv vereint. Sexy ist ein 1.8/50mm vielleicht nach wie vor nicht, das neue Nikon ist aber ein tolles Objektiv für all diejenigen die Top Qualität haben wollen aber auch das letzte Quäntchen Lichtstärke zugunsten von Gewicht und Preis verzichten können.