Malbik Endar, Ende der geteerten Straße: dieses Straßenschild ist die Eintrittskarte in Regionen, die den Radler schwärmen oder fluchen lassen. Schwärmen, weil man sich auf Pisten bewegt, auf denen häufig sehr wenige Fahrzeuge unterwegs sind und die landschaftlich sehr reizvoll sind. Fluchen, weil solche Pisten sowohl dem Rad als auch dem Radler mitunter einiges abfordern.
Auf dem Weg heraus aus Reykjavik in Richtung Flughafen habe ich nach Alternativen gesucht, die es ermöglichen, die teils vierspurig ausgebaute "Rennstrecke" zwischen Flughafen und der Hauptstadt zu umgehen. Bis in die Vororte habe ich Radwege genutzt und bin dann am Ortsausgang von Hafnarfjördur auf eine kleine Straße Richtung Krysuvik abgebogen, die zur Südküste der Halbinsel Reykjanes führt. Wenige Kilometer später, kurz vor dem Kleifarvatn ging dann rechts eine kleine Piste mit der Bezeichnung 428 ab. Dort stand zu Beginn das besagte Schild und der Hinweis, dass diese Piste nur für Allradfahrzeuge zugelassen ist.
Hinter diesem Straßenschild eröffnete sich ein kleines Radlerparadies der besonderen Art. Karge Vegetation, schroffe Felsen, Spalten, ein kleiner See und eben diese Piste mittendurch. Dass ich auf den nächsten 25km so alleine unterwegs sein würde, hätte ich nahe der Hauptstadt Reykajvik wirklich nicht erwartet. Ein einziges Auto ist mir ganz am Ende der Piste begegnet, was ich dann ehrlicherweise fast etwas bedauert habe, wäre ich diese Piste dann doch gerne ganz ohne Autos gefahren. So wenig war selbst vor Jahren in den Westfjorden oder auf dem Landmannaleid nicht los. Nach etwa 2/3 der Strecke kommt ein ganz kleiner, wunderbar gelegener Campingplatz (nur Wiese, WC und Möglichkeit zum Spülen/Waschen). Wäre mein Hals nicht immer noch etwas am Kratzen gewesen, hätte ich es mir dort für eine Nacht gemütlich gemacht, vermutlich ganz alleine, und hätte den Abend zur Erkundung der Gegend genutzt. So aber schien es mir klüger zu sein, bis Grindavik zu fahren für den Fall, dass die Erkältung nicht weiter nachlässt. Die letzten 14km bis Grindavik liefen dann wieder über Teer und mit mehr Verkehr sowie Radlern, die mir entgegenkamen (vermutlich vom Flughafen kommend).
Grindavik hat eine "recreational area" der besonderen Art, einen Schiffswrackparcours, den man am Strand entlang spazieren gehen kann, vorbei an gestrandeten Schiffen, Ankern und anderen Teile
von Booten. Die Namensgebung dieses Pfades Richtung Leuchtturm, dessen Orangetöne sich wunderbar von dem Himmel absetzten und der mitten in einem dunklen Lavafeld steht, mutet doch etwas seltsam
an. Der Blick vom Leuchtturm auf die Küstenlinien der Halbinsel und die zahlreichen Vulkankegel war aber wirklich beeindruckend.
Den Abschluss bildete wiederum ein Leuchtturm, und zwar jener von Gardur, an der Nordwestspitze der Halbinsel Reykjanes. Am letzten richtigen Radtag bin ich von Grindavik dorthin geradelt, vorbei an der blauen Lagune und dann später durch Njardvik und Keflavik, um den Verkehr auf der stark befahrenen Straße 41 zum Flughafen zu umgehen. Die letzten 10km bis Gardur liefen dann wieder über eine wenig befahrene Straße. Als einer der ältesten Leuchttürme auf Island, wurde er inzwischen durch einen neueren ersetzt, der nur wenige Meter entfernt steht. Alle paar Sekunden strahlt der neue die Spitze des alten Leuchturms kurz mit seinem Leuchtfeuer an, so dass ein schöner Lichteffekt besteht. Nachts (wobei die in den Sommermonaten ja sehr kurz ausfällt ) wird dieser Leuchtturm zudem dauerhaft beleuchtet.
Noch in der Nacht hieß es dann zusammen packen, die gut 12km an den Flughafen zu radeln. Dort Rad und Gepäck reisefertig machen und wenige Stunden später im gut 20 Grad wärmeren Frankfurt landen. Ich glaube, die knapp 1300km in Island weniger geschwitzt zu haben als auf dem Heimweg vom Flughafen (Terminal 2) über Terminal 1, die S-Bahn nach FFM und dann den Regionalexpress nach Marburg. Bei all dem Gedränge wurde einem schlagartig zudem noch einmal bewusst, wieviel Ruhe und stille Momente die letzten Wochen mit sich gebracht haben.
Das Programm für die kommenden Tage: Wäsche waschen, Wärme genießen und die Erkältung auskurieren und das Bildmaterial sichten und archivieren.
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